Donnerstag, 7.Dezember 2006, 19:30 Uhr
Cinema Quadrat, Collini Center Mannheim
Lesung, Film, Gespräch.
Mit italienischem Wein und Bruschette
Eintritt: Normal 5,50, Ermäßigt 5,00, Mitglieder 4,00 Euro
19:30 Uhr LESUNG
Chi sono io? – Wer bin ich?
Italienische Migrationsgeschichten der 3. Generation
Italienische Studenten des Romanischen Seminars der Universität Mannheim haben unter der Leitung von Alessandra Volpe anlässlich des Jubiläums von 50 Jahren Arbeitsmigration Lebens- und Migrationsgeschichten aufgeschrieben. Eine kulturelle Reise zu Identitätsfragen einer Generation von Einwandererkindern, die zum Teil in Deutschland geboren wurden und für die eine „Italianità“ Bestand hat.
Die Studentinnen und Studenten lesen aus dem im Herbst 2006 im Mannheimer Andiamo Verlag erschienen Band.
Moderation: Dr. Alessandra Volpe, Universität Mannheim
20:30 Uhr FILM
Mirabella/Sindelfingen
Dokumentarfilm, Deutschland 2001, 54 Minuten, Regie: Andreas Pichler, Redaktion: Udo Bremer
Mirabella ist eine Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern auf Sizilien, doch etwa 6000 von ihnen leben in Sindelfingen und arbeiten als Gastarbeiter bei Mercedes und den Zulieferfirmen. Nach Mirabella kommen sie zumeist erst dauerhaft zurück, wenn sie pensioniert sind.
Ein Dokumentarfilm des Bozener Filmemachers Andreas Pichler über das Leben sizilianischer Arbeiter im schwäbischen Sindelfingen und ihre tiefe Verbundenheit zur italienischen Heimat, die durch eine ständige Busverbindung gewährleistet wird. Mirabella Imbaccari ist ein Dorf auf Sizilien mit 10.000 Einwohnern, von denen über die Hälfte in Deutschland leben, zum größten Teil in Sindelfingen, wo sie in der Automobil-Industrie arbeiten. Mehrmals in der Woche verkehrt seit 1978 eine Buslinie zwischen Mirabella und Sindelfingen. Verwandtenbesuche, Amtsgänge und der Kauf italienischer Lebensmittel, Möbel und Baustoffe, die dann nach Deutschland geliefert werden, gehören zum Alltag. Auch Felice und Marisa Scivoli und ihre Familie nutzen die Buslinie, um ihre italienische Lebensweise in Deutschland weiterzuführen. Bis vor wenigen Jahren waren drei Generationen der Familie Scivoli in Sindelfingen ansässig. Doch die Großeltern sind nach Mirabella zurückgekehrt. Giuseppe Naso dagegen blieb in Deutschland. Er ist ein religiöser Mensch und engagiert sich für die italienische Gemeinde. Andere, wie das Ehepaar Salafrica, haben versucht, in Mirabella wieder Fuß zu fassen, kehrten aber nach Sindelfingen zurück. Während Herr Salafrica lieber in Italien leben würde, ist seine Frau mit dem Leben in Deutschland zufrieden, da sie hier als Frau mehr Freiheiten hat. Trotz solcher Überlegungen fühlen sich die meisten ihrem Heimatland, das viele von ihnen nur von Urlaubsreisen kennen, stärker verbunden. In ihrer Freizeit treffen sie sich in italienischen Vereinen und halten engen Kontakt untereinander. Von ihnen denkt kaum jemand ernstlich an eine Rückkehr. Viele wollen immerhin in ihrem Heimatort beerdigt werden. Auch dafür ist der clevere Busunternehmer Angelo Cavalucci Zeit gerüstet.
Andreas Pichler (‚Call Me Babylon‘) porträtiert Menschen aus Mirabella in ihrer Heimat und in Sindelfingen, der vertraut gewordenen ‚Fremde‘, und erzählt von den Schwierigkeiten der Emigration. Hinter Freundlichkeit und Anpassung verbergen sich oft Unsicherheiten und Identitätsprobleme, selbst bei Familien, die bereits seit Jahrzehnten in Deutschland leben. In der Buslinie, die den regelmäßigen Kontakt zwischen Sizilien und Deutschland ermöglicht, zeigt sich, dass viele in einem Niemandsland zwischen den Orten leben. Über seinen Film sagt Pichler: ‚Selbst zwischen zwei Welten aufgewachsen, hat mich seit langem die Resistenz süditalienischer Emigrantenfamilien fasziniert, die ihre Traditionen und Lebensweisen unbeirrt irgendwo in der Welt fortführen. Im speziellen Falle von Mirabella hat sich die Vision der Rückkehr, die dieser Resistenz immer zugrunde liegt, zu einer bis heute anhaltenden Pendelbewegung materialisiert.‘ ‚Mirabella/Sindelfingen‘ entstand als Koproduktion mit 3sat. ‚Andreas Pichler verzichtet in seinem Film fast gänzlich auf Kommentare. Seine ästhetischen Bilder, die selbst die Industrielandschaft Sindelfingens als wohlkomponiertes Kunstwerk erscheinen lassen, zeigen die Unterschiede zwischen der nördlichen und der südlichen Lebensweise deutlich genug. Dazu kommen einfühlsame Porträts der Menschen aus Mirabella, die dem Filmer sehr persönliche Einblicke in ihr Leben und in ihre Gedanken gewährt haben.‘ (Neue Zürcher Zeitung, 15./16. Dezember 2001)
Im Anschluss Gespräch mit dem Regisseur Andreas Pichler
Veranstalter: Kultur Rhein-Neckar e.V. in Kooperation mit Cinema Quadrat
Infos: KRN e.V. Eleonore Hefner 0621 / 58 77 648 Info [at] kulturRheinNeckar.de