Sonntag, 27. April 2008, 16:30 Uhr
besucht KRN Olga Skorikova-Gebhardt in ihrer Galerie und ihrem Atelier in Mannheim.
In der Schwetzinger VorstadtDort ist Olga, die sich während des deutsch-russischen Kulturaustauschs in Mannheim verliebte, mit ihrem Mann Johannes zu Haus.
Die Künstlerin wird uns ihre aktuellen Arbeiten vorstellen.
Olga Skorikova-Gebhardt
6. Mai 1960 geboren in Maikop, Russland
1972-77 Kunstschule
1977-82 Diplom, Staatsuniversität Kuban in Krasnodar, Russland
1982-98 Kunstlehrerin in Sotschi, Russland
Seit 1999 lebt und arbeitet Olga Skorikova-Gebahrdt in Mannheim
Dr. Helmut Orpel über Olga Skorikova
(11.10.2002, Forum der Jugend, Mannheim)
‚Olga Skorikova lebt seit 1999 in Mannheim. Ich sah ihre Arbeiten zum ersten Mal im Rahmen der ‚Kultour‘ 2001, dem ein Mal jährlich regelmäßig stattfindenden Kulturspektakel in der Neckarstadt-Ost. Mit dieser Ausstellung hier im Forum findet nun, ich glaube, die fünfte Einzelausstellung mit ihren Werken in Mannheim statt. So waren ihre Bilder 1997 in der Galerie im Hafen, 1999 bei der auf russische Kunst spezialisierten Galerie Natalia Offermann und im Jahr 2000 in der Kreathek zu sehen. Neben den Gruppenausstellungen, wie der im vergangenen Jahr in der Kaufmannsmühle stattgefundenen Schau, also ein beachtlicher Erfolg. Olga Skorikova ist eine akademisch ausgebildete Künstlerin. Sie studierte an der Universität von Krasnodar und gehörte schon in ihrer Studienzeit einer renommierten Künstlergruppe an, deren Arbeiten öffentlich präsentiert und premiert wurden. Ein Wendepunkt im Leben der 1960 geborenen Malerin war das Jahr 1996. Damals kam sie zum ersten Mal nach Mannheim, im Rahmen einer Gruppenausstellung. Zwischen der russischen Stadt Sotschi, wo sie damals lebte und arbeitete, und Mannheim/Ludwigshafen hatte sich aufgrund von privaten kulturellen Initiativen ein Kulturaustausch entwickelt, das Projekt Ouattrologe, das mehrere Kulturfestivals in Mannheim, Ludwigshafen und eben in Sotschi durchführte. Dass sie drei Jahre lang mit der Übersiedlung nach Deutschland zögerte, macht auch deutlich, dass sie dort mit dem kulturellen Leben verwurzelt war. Sie unterrichtete dort als Kunstlehrerin an einer öffentlichen Schule und nahm außerdem an zahlreichen Ausstellungen teil, unter anderem an solch spektakulären Projekten wie der Performance IL-86 auf einem Flug Sotschi-Moskau-Sotschi. Solche Aktionen wie die letztgenannte zeigen, dass sich die Kunst in Russland damals immer noch im Aufbruch befand. In Russland war zwar mit Malerei nichts zu verdienen, aber die Maler griffen mit ihren Werken und deren Präsentation ins öffentliche Leben ein und sorgten für Spektakel. Trotz dieser Offenheit für neue Präsentationsformen, blieb Olga Skorikova in ihrer Kunst den Prinzipien der akademischen Malerei treu. Ein Bild, so sagte sie bei einem Gespräch, muss unter anderem auch zeigen, dass der Maler etwas von seinem Handwerk versteht. In diesem Sinne hat Olga Skorikova auch nicht zu einer lockeren Arbeitsweise gefunden, die auf das Handwerk verzichtet und mit bescheideneren Mitteln auskommt. Diese Treue zur technischen Fertigkeit fehlt in der westlichen Kunst jungen Künstlern oft. Hierin liegt vielleicht ein Unterschied zwischen der Kunst aus dem Westen und der aus dem Osten, die uns immer noch fremd ist. Man spürt bei der Kunst aus dem Osten das durch andere kulturelle Impulse geprägte Umfeld, gleichzeitig aber, und das bringt uns diese Kunst wieder nah, eine schwer beschreibbare Verwandtschaft. In diesem Spannungsverhältnis zwischen Identität und Fremdheit sind auch Olga Skorikovas Werke zu deuten, erst recht, wenn wir ihre Entwicklung in diese Deutung einbeziehen, die sie von den ersten beiden hier ausgestellten Werkgruppen, die noch in Russland entstanden zu den neuen Arbeiten führte, beispielsweise den ‚Kussbildern‘ oder den ‚Haarbilden‘, die den Fokus der Aufmerksamkeit auf ein winziges Detail lenken.
Es ist allzu leicht, die russische Kunst, zumindest seit den 20er Jahren, einfach als ’sozialistisch-realistisch‘ abzutun. Es gab auch dort zahlreiche unterschiedliche Strömungen unter den Künstlern, die nicht immer und gleichermaßen unter Repressionen zu leiden gehabt hätten Es gab vieles, was es hier auch gegeben hat, was aber im Westen kaum zur Kenntnis genommen wurde. Es gab russische Varianten der Pop-art, es gab die Abstrakten und es gab die Surrealisten. Dieser letztgenannten Strömung innerhalb der russischen Kunst ist auch das Frühwerk von Olga Skorikova wohl am ehesten zuzurechnen. Wenn wir die Ausstellung hier im Forum unter chronologischen Gesichtspunkten betrachten, so steht der Surrealismus am Anfang von Olga Skorikovas künstlerischer Entwicklung. Sie führte dann zu den melancholischen Bildern der mittleren neunziger Jahre, in die viele Geschichten aus der Kindheit eingewoben wurden. Was bei diesen sehr stillen, sehr melancholischen Werken besonders auffällt, ist die Weite der Landschaft, eine Weite, von der ihre Kindheit und Jugend geprägt war, die sie unbewusst in sich aufgenommen hat. Man spürt etwas Zartes in diesen Bildern, das wie Balsam wirkt gegenüber ihren frühen Arbeiten, deren Körper Deformierungen und Verletzungen aufweisen. Jene erstgenannten Bilder, wie gesagt noch in Russland entstanden oder russische Themen behandelnd, nehmen schon einen wesentlichen Charakterzug vorweg, der ihr jüngstes Werk kennzeichnet, die Zärtlichkeit und die Harmonie, die in der Vergangenheit in der weiten Landschaft lag und in der Gegenwart, in der ‚Kussserie‘, in der zarten Geste zwischen zwei Liebenden besteht. Man muss sich Zeit lassen, um diese Stimmung auf sich einwirken zu lassen. Noch einen anderen Aspekt kann man erleben, wenn man diese beiden Werkgruppen miteinander vergleicht: Haben wir es auf der einen Seite mit Weite zu tun, so ist auf der anderen Seite der Raum so zusammengeschmolzen, dass er kaum mehr vorhanden ist und nur noch durch die Umrisslinien der beiden, sich berührenden Gesichter gegeben ist. Dieses Problem der Nähe und der Weite, erlaube ich mir hier von der physikalischen Ebene auf die Empfindungsebene zu übertragen. Eine ebenso erstaunliche Entwicklung wie bezüglich des Raumes ist dann zu beobachten, wenn man Olgas Personendarstellungen gegenübersteht. Haben wir es beim Frühwerk mit Deformationen zu tun, welche die Menschen fast nur als Kopfwesen erscheinen lässt, deren Körper als Sitz der Empfindung vollständig zertrümmert ist, so spürt die Malerin bei den aktuelleren Arbeiten dein Phänomen der Persönlichkeit bis ins Detail nach. Den Personen, die in den frühen surrealistischen Werken erscheinen, sind die Hände und Arme in der Regel abhanden gekommen. Sie sind zur Untätigkeit verdammt und können nicht aktiv in die Lebensprozesse eingreifen. Auf der anderen Seite erscheinen sie, indem sie ihrer Haare beraubt sind und auch eine geschlechtliche Unterscheidung bei diesen deformierten Wesen schwierig erscheint, in einem gewissen Sinne entpersonalisiert. Sie wirken anonym, aber gerade in dieser Anonymität besteht ihre Aussagekraft, denn sie drücken gleichzeitig ihre Leidensfähigkeit aus. Sie empfinden, das ist den ganz auf das Gesicht konzentrierten Gestalt deutlich anzumerken und sie drücken ihre Empfindungen durch ihre Mimik aus. Das Gesicht, das Spiegelbild der Seele. Der Künstlerin geht es meines Erachtens in erster Linie um solche Themen wie Empfindung, Leid und Liebe. Positive wie negative seelische Regungen, die ihr Spiegelbild in der menschlichen Figur finden. In ihnen stärksten Bildern ist die menschliche Figur der Ausdrucksträger, über den Olga Skorikova ihre Betrachter anspricht. Sie vermittelt damit ganz existenzielle Dinge, wie Liebe und Leid, Regungen also, die über alle Kulturgrenzen hinweg, gleichermaßen verstanden werden.‘
Anmeldung unter info [at] KulturRheinNeckar.de