Die Bedeutung von Literatur aus der Sowjetunion für die Literatur in der DDR liegt nahe. Der literarische Austausch zwischen russischen und deutschsprachigen Autoren hat jedoch eine lange Tradition. Goethe, Schiller, E. T. A. Hoffmann u.a. wurden von russischen Dichtern – Gogol, Odoevskij, Turgenev, Cvetaeva gelesen und haben deren Schaffen inspiriert. Russische Autoren hatten Bedeutung für deutschsprachige Schriftsteller: Tret’jakov für Bertolt Brecht, Dostoevskij für Thomas Mann. Paul Celan war von den Gedichten von Ossip Mandelstam beeindruckt. An Texten aus dem 19. und aus dem 20. Jahrhundert stellt Prof. Dr. Jürgen Lehmann wichtige Phasen und Aspekte des Austausches und der gegenseitigen Inspiration dar. In Workshops mit Dr. Anna-Katharina Gisbertz ( Universität Mannheim), Olga Gleiser (Universität Mainz und Würzburg), Olga Martynova (Autorin, Frankfurt) werden Texte besprochen.
In deutscher, englischer und russischer Sprache.
Jürgen Lehmann
1940 in Potsdam geboren. Studium der Germanistik, Slavistik und Philosophie an den Universitäten Münster i.W., Freiburg i. Br., Moskau und Leningrad. Lebt in Freiburg.
1973 Promotion im Fach Slavistik an der Universität Freiburg i. Br. („Der Einfluss der Philosophie des deutschen Idealismus auf die russische Literaturkritik im 19. Jahrhundert. Die ‚organische Kritik’ Apollon A. Grigor’evs“. Heidelberg 1975).
1985 Habilitation im Fach Germanistik an der Universität Göttingen („Bekennen- Erzählen-Berichten. Studien zu Theorie und Geschichte der Autobiographie“. Tübingen 1988).
Leitender Mitarbeiter des DFG-Sonderforschungsbereiches „Literarische Übersetzung“ an der Universität Göttingen. 1988-2006 Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Literaturwissenschaft und Neuere Deutsche Literaturgeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Olga Martynova
1962 bei Krasnojarsk in Sibirien geboren, wuchs in Leningrad auf und studierte dort russische Sprache und Literatur. 1991 zog sie nach Deutschland. Sie schreibt Gedichte (auf Russisch) und Essays und Prosa (auf Deutsch). Mit ihrem Romandebüt ›Sogar Papageien überleben uns‹ (2010) kam sie auf die Longlist des Deutschen Buchpreises und auf die Shortlist des Aspekte-Preises. 2011 erhielt sie den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und den Roswitha-von-Gandersheim-Preis. Für ein Kapitel aus ihrem Roman ›Mörikes Schlüsselbein‹ gewann sie 2012 den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2015 erhielt sie den Berliner Literaturpreis und hatte die Heiner-Müller-Gastprofessur für deutschsprachige Poetik an der FU Berlin inne. Olga Martynova lebt mit ihrem Mann, dem Autor Oleg Jurjew, in Frankfurt am Main. 2016 erschien bei S. Fischer der Roman „Der Engelherd“.
Olga Martynova wird über die Situation des Lebens und Schreibens in zwei Sprachen sprechen. Sie wird einen kurzen Essay über die russische Sprache lesen, in dem sie versucht, die Sprache aus einiger Entfernung zu sehen, sowie einige eigene Gedichte und von Oleg Jurjew, die das Thema: „Das Russische im Deutschen“ behandeln. Die Teilnehmer sind zu einer Diskussion eingeladen, zum Austausch über eigene Erfahrungen, wie sie die wachsende Mehrsprachigkeit empfinden, in der wir heute alle leben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Olga_Borissowna_Martynowa
Dr. Anna-Katharina Gisbertz
Dr. Anna-Katharina Gisbertz ist nach Studienaufenthalten in Frankreich und den USA, wo sie einen Ph.D. der University of Chicago absolvierte, seit 2009 als Akademisch Rätin am Seminar für Deutsche Philologie der Universität Mannheim tätig. Zu ihren aktuellen Forschungsinteressen gehören die Literatur um 1900, dichterische Selbstinszenierungen, Zeitwahrnehmungen und -narrative, Reise- und Gegenwartsliteratur. Sie nahm Gastdozenturen in Sarajevo (2010) und Ljubljana (2016) wahr. Neuere Publikationen:
Karl Kraus‘ Paris und die Antimoderne. Hg. mit Eva-Tabea Meineke und Jacques Le Rider. Études germaniques 4/2016; Poeta legens. Lektüre und Legendenbildung beim frühen Hofmannsthal. In: Dichterdarsteller. Fallstudien zur biographischen Legende des Autors im 20. und 21. Jahrhundert. Hg. Robert Leucht, Magnus Wieland. Göttingen: Wallstein 2016, S. 35-61; Selbstdeutungen. In: Hofmannsthal-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Hg. von Mathias Mayer und Julian Werlitz. Stuttgart/ Weimar: Metzler 2016, S.89-94
In ihrem Workshop zu Russischen Kreativitätsmodellen in Thomas Manns ‚Tonio Kröger‘ geht Frau Dr. Gisbertz der Rezeption von Gontscharows ‚Eine alltägliche Geschichte‘ nach. Welchen Einfluss hat die russischen Literatur auf das Selbstverständnis des Künstlers in Tonio Kröger? Dazu bildet Gontscharows Gedanke, dass der Künstler mit einer höheren Kraft versehen sei, den Ausgangspunkt.
Olga Gleiser,
Universität Germersheim, Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft
geboren 1976 in St. Petersburg /Russland, lebt in Würzburg, Deutschland. Sie arbeitet als Dozentin der Fakultät für Neuere Deutsche Literatur (Würzburg) und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Germersheim, Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft. Sie arbeitet unter anderem als freie Literaturübersetzerin für Russisch und Deutsch und als Redakteurin und Autorin. Forschungsschwerpunkte: der jüdische Witz in der deutschen Literatur, die Geschichte von Sam- und Tamisdat, poetische Sprachspiele, Geschichte und Relation der Begriffe „Freiheit“ und „Sicherheit“ und Probleme ihrer Übersetzbarkeit. Zurzeit arbeitet sie an dem Dissertationsprojekt: „Die Begriffe ‚Freiheit’ und ‚Sicherheit’ als konstituierende Elemente gegenwärtiger deutscher und russischer Mediendiskurse.“
In ihrem Workshop werden Texte zum Thema ‚Sankt Petersburg als Ort der deutsch-russischen Literaturbeziehungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert‘ behandeln. Dabei geht es um einige Werke von Puschkin, Gogol, Dostojevskij, Gontscharow und E.T.A.Hoffmann und um Vergleichstexte zu Hoffmanns Rezeption in der russischen Literatur. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen der gegenseitige literarische Einfluss und deren Verarbeitung in den literarischen Werken.
Der Eintritt ist frei.
Um Anmeldung wir gebeten: info [at] kulturrheinneckar.de